1973 geht in Nürnberg ein deutschlandweit einzigartiges Projekt an den Start. Der Probelauf für ein Kultur- und Kommunikationszentrum in Selbstverwaltung beginnt: Sub- statt Hochkultur im ehemaligen Künstlerhaus, Raum für Konzerte, Werkstätten, Freizeitgruppen, soziale Bewegungen. Eine Oase der Vielfalt, ein Experimentierfeld für die direkte Demokratie – ein Kollektiv mit kultureller Verantwortung. Von Anfang an spielt dabei das Medium Video eine wichtige Rolle: Bereits 1972 hatte das städtische Kulturreferat im Haus gegenüber vom Hauptbahnhof das „Kybernetikon“, ein mediendidaktisches Experiment, zum Thema Fernsehen veranstaltet. Statt nur zuschauen mitmachen, selbst gestalten – und das Medium in Diskussionen hinterfragen. Wenn man so will, die Initialzündung für das KOMM, wie der Ort schon bald genannt wird. Klar, dass auch eine Videothek von Anfang an ihren Platz in der Königstraße 93 hat.
Die Videothek zeigt Fernsehen und verleiht Technik zum Drehen von Videos über Aktivitäten im KOMM. Hier trifft sich ab Mitte der 70er Jahre eine Gruppe junger, engagierter Sozialpädagog*innen, die die Welt zu einem besseren Ort machen möchte. Mit dabei sind Brigitte Schönig und Hartmut Ühlein. KOMM-Wochenschauen sind der Gruppe bald nicht mehr genug. Sie wollen draußen mitmischen, wirklich etwas verändern. Es ist die Zeit der politischen Videobewegungen. Mit Filmen über die Friedens- und die Anti-AKW-Bewegung wollen sie eine Gegenöffentlichkeit zum öffentlich-rechtlichen Fernsehen herstellen. 1980 beschließt die Gruppe einen eigenständigen Verein zu gründen. Der 3. November 1980 ist die Geburtsstunde der Medienwerkstatt Franken.

Gründungsfoto mit Rainer Holzemer , Hartmut Ühlein, Kurt Keerl (✝ 2017), Brigitte Schönig und Christoph Latz (v.l.n.r)
Dem KOMM bleibt das Videokollektiv aber verbunden. Es sind schließlich ähnliche Themen, die die Menschen im Haus und in der Medienwerkstatt bewegen. Eigenproduktionen und sozialkritische Dokumentarfilme, auch von befreundeten Mediengruppen über Grenzen hinweg, zeigt die Medienwerkstatt weiter im KOMM. Der bayerischen CSU ist das ein Dorn im Auge. Eine Filmvorführung über die niederländische Hausbesetzer-Szene mit anschließendem Demonstrationszug provoziert die Staatsgewalt 1981 zur Verhaftung aller KOMM-Besuchenden. Ein Justizskandal, der nicht nur das Haus, sondern auch die Medienwerkstatt deutschlandweit bekannt machen wird. Die „141 von Nürnberg oder Gott mit dir du Land der Bayern“ wird die erste Dokumentation einer ganzen Reihe von Zeitdokumenten der Medienwerkstatt über das KOMM.
Und heute? Was bleibt vom kollektiven Aufbruch der Anfangsjahre? Ist der Geist einer lebendigen, inspirierenden Alternativkultur im nun völlig renovierten Künstlerhaus noch zu spüren? Welche Erinnerungen haben die Filmemacher*innen der heutigen Medienwerkstatt Franken an das KOMM und wie blicken unsere Gründungmitglieder auf die Anfänge zurück? 50 Jahre nach Start des KOMM-Probelaufs haben wir uns selbst und unseren Gründer*innen diese Fragen gestellt. Annette Link hat die Antworten in „Kollektiv im Gedächtnis – Medienwerkstatt-Erinnerungen ans Nürnberger KOMM“ festgehalten.
Wir zeigen den Film „Kollektiv im Gedächtnis – Medienwerkstatt-Erinnerungen ans Nürnberger KOMM” von Annette Link am Sonntag, 5. November, um 21 Uhr auf Franken Plus (Satellit) sowie um 19, 21 und 23 Uhr auf Franken Fernsehen (Kabel). Livestream: frankenfernsehen.tv. Wiederholung am 26. November zu den gleichen Sendezeiten.