Nürnberg, 27. Mai 2o2o. Die Medienwerkstatt-Autorin Vanessa Hartmann erhält für ihre Dokumentation zum Thema NS-„Euthanasie“ den Alternativen Medienpreis 2020 in der Kategorie Geschichte. In dem 2019 produzierten Film „Als hätte es sie nie gegeben“ erzählt Vanessa Hartmann die Geschichte der Opfer der NS-„Euthanasie“ in Neuendettelsau und Ansbach und bringt damit die historischen Ereignisse in ein neues Verhältnis zur Gegenwart.

Vanessa Hartmann zum Preis: „Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung und hoffen, dass sie dazu beiträgt, dass die Opfer nicht vergessen werden. Noch immer sind viele Fragen zu den Vorkommnissen bei der Diakonie Neuendettelsau und in Ansbach offen; die damals beteiligten, leitenden Pfarrer sind bis heute geehrte Männer. Darüber sollte endlich diskutiert werden.“

Der Alternative Medienpreis wird seit dem Jahr 2000 verliehen, ist mit jeweils 500 Euro dotiert und würdigt Journalistinnen und Journalisten, die Themen und Ansätze behandeln, die im Medienalltag oft vernachlässigt werden. Damit will der Preis einen Beitrag leisten, die kritische und demokratische Kultur in Deutschland zu festigen. Verliehen wird der Preis in den Kategorien Geschichte, Macht, Vernetzung, Leben und Zukunft.

Ebenfalls nominiert waren in der Kategorie Geschichte unter anderem Autorinnen und Autoren des WDR, NDR und des Magazins Spiegel. Hier gibt es einen Überblick über die Nominierten. Die Nürnberger Medienakademie verleiht die renommierte Auszeichnung in Kooperation mit der Stiftung Journalistenakademie, dem Kulturreferat der Stadt Nürnberg, der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und weiteren Unterstützerinnen und Unterstützern. Wir bedanken uns bei der Jury für diese Wertschätzung unserer Arbeit und gratulieren unserer Kollegin herzlich!

Aufgrund der Corona-Pandemie findet die Verleihung des Alternativen Medienpreises am Freitag, 29. Mai, erstmals virtuell im Livestream auf dem YouTube-Kanal der Stiftung Journalistenakademie statt. Vanessa Hartmann und Winfried Schuhmann, der für den Schnitt zuständig war, äußern sich dort am Freitag zum Film, der aufwändigen Recherchearbeit und seiner Entstehungsgeschichte.

Wir wiederholen den Gewinner-Film „Als hätte es sie nie gegeben – NS-„Euthanasie“ in Neuendettelsau und Ansbach“ am Sonntag, 7. Juni, um 19, 21 und 23 Uhr auf unserem Sendeplatz im Franken Fernsehen. Livestream zu den Sendezeiten auf der Seite frankenfernsehen.tv

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Zum Inhalt des Films

Im Dritten Reich wurden aus den sozialen Einrichtungen der Diakonie Neuendettelsau im Landkreis Ansbach über 1200 Menschen mit Behinderung und psychischen Erkrankungen in staatliche Anstalten deportiert. Mindestens zwei Drittel von ihnen wurden dort getötet, weil sie aus Gründen der „Rassenhygiene“ als „lebensunwert“ galten.
Mitte der 1980er Jahre hat die Diakonie Neuendettelsau zwei Historiker mit der Aufarbeitung der Ereignisse beauftragt. Das daraus resultierende Buch „Warum sie sterben mussten“ (1991) war schnell vergriffen, das öffentliche Interesse enorm. Denn Ärzte und Pfarrer hatten die in ihrer Obhut lebenden Menschen nach anfänglichem Zögern nur allzu bereitwillig ausgeliefert.

Und mehr noch: Unsere neuen Recherchen in den bislang nie gesichteten Patientenakten zeigen, wie unliebsame Bewohner, Erwachsene wie Kinder, auch in der Phase der „dezentralen Euthanasie“ ab 1941 von den damals leitenden Pfarrern in die staatliche Heil- und Pflegeanstalt nach Ansbach verlegt und damit wissentlich dem Tod preis gegeben wurden.

Doch wer sich heute, fast 30 Jahre nach der ersten Aufarbeitung, zum Thema informieren möchte, wird z.B. auf der Homepage von „diakoneo“, wie sich die Diakonie Neuendetttelsau inzwischen nennt, kaum fündig – dort werden zwar die Opferzahlen genannt, die aktive Beteiligung der damals leitenden Pfarrer wird jedoch verschwiegen. Stattdessen sind noch immer Häuser und Straßen nach ihnen benannt. Die Produktion des Films wurde gefördert vom Bezirk Mittelfranken und dem Landkreis Ansbach.

Autorin: Vanessa Hartmann, Schnitt: Winfried Schuhmann, Kamera: Günther Wittmann und Andreas Holzmüller, Sprecherin: Patricia Litten

>>> Alle Auszeichnungen für die Medienwerkstatt Franken gibt es hier im Überblick.