Die 26-jährige Unurjargal hat in Ulan Bator (Mongolei) Journalismus studiert und als Fotografin gearbeitet. Derzeit ist sie für zwei Monate Teil des Medienwerkstatt-Teams. In ihrem Blogbeitrag erzählt sie über sich selbst, die Medienlandschaft in ihrem Heimatland und über ihr Praktikum bei der Medienwerkstatt Franken.
„Seit meiner Kindheit habe ich Fotografie geliebt. Ich war früher viel auf Reisen mit meinem Vater, einem Wissenschaftler, den ich bei seinen Expeditionen begleiten durfte. Die seltenen Pflanzen, Tiere und Ökosysteme, mit denen er sich beschäftigt, haben mich fasziniert. Während meines Journalismus-Studiums in Ulan Bator hatte ich immer meine Kamera dabei, um Straßenszenen – größtenteils in schwarzweiß – aufzunehmen.
Ich habe an einer Fotoausstellung teilgenommen und meine Fotos wurden in Zeitschriften und auf Buchcovern gedruckt. Aber die meiste Zeit wollte ich mit meinen Fotografien einfach das dokumentieren, was mich umgibt – und sie nicht unbedingt veröffentlichen. Während meines Studiums habe ich in einem kommerziellen Videostudio und als Fotografin bei einem lokalen Magazin gearbeitet.
Ich hatte lange ein ambivalentes Verhältnis zu den Medien. Ich habe mehrere Jahre gebraucht, um zuverlässige von unzuverlässigen Quellen zu unterscheiden. Wir neigen dazu zu glauben, dass wir in unserem Denken unabhängig sind. Aber die Wahrheit ist, dass wir oft die Produkte unserer Umwelt sind, in der wir leben.
Das Foto, das man auf dem Cover links sieht, ist von mir und erschien 2015 in der „TOIM“, einem großen Nachrichtenmagazin in der Mongolei. Ein befreundeter Autor schrieb anlässlich des 1. Juni, das ist bei uns der Tag der Kinderrechte, einen Text darüber, wie Kinder in der Mongolei heutzutage aufwachsen. Weil er meine Arbeit kannte, fragte er, ob er das Foto für seinen Text verwenden darf – und es kam sogar auf die Titelseite des Magazins. Das war ein großer Erfolg für mich!
Medien in der Mongolei
Vor 30 Jahren hatten wir in der Mongolei eine friedliche demokratische Revolution und erlangten Pressefreiheit. Mittlerweile gibt es 600 Medien und fast 5500 Journalist*innen im ganzen Land bei einer Bevölkerung von drei Millionen Menschen. Die Medienlandschaft in der Mongolei ist zwar vielfältig; dennoch: mehr als die Hälfte der Medien ist politisch gefärbt und der Rest ist kommerziell. In der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen landet die Mongolei auf Platz 70 von 180.
Meine Vision ist, dass wir mehr unabhängigeren Journalismus bräuchten, da sowohl öffentliche als auch private Medien derzeit unter politischem Druck stehen. Junge, leidenschaftliche Künstler*innen, Fotograf*innen und Journalist*innen aus der Mongolei haben dank digitaler Medien neue Plattformen, auf der sie auch international Gehör finden.
Ich wollte eigentlich schon immer Journalistin werden. Als ich ein Kind war, waren die Reporter*innen vor der Kamera meine Vorbilder. Heute interessiere ich mich eher für die Arbeit hinter der Kamera. Auch wenn der Beruf der Journalistin in der Mongolei nicht unbedingt lukrativ ist, gibt es doch viele junge Menschen, die sich dafür entscheiden. Mein Traum ist es, von meiner Arbeit als freie Journalistin und Fotografin leben zu können.
Meine Zeit bei der Medienwerkstatt Franken
Die Medienwerkstatt Franken ist für mich ein außergewöhnlicher Ort. Gegründet von einer Gruppe videobegeisterter Studierender mit Leidenschaft für unabhängigen Journalismus und Dokumentarfilme. Ein paar von ihnen sind seit mehr als 30 Jahren dabei. Die Kolleg*innen der Medienwerkstatt greifen häufig Themen auf, die im Fernsehen in der Mongolei kaum zu sehen sind, wie zum Beispiel verschiedene soziale Themen, Biografien und Umwelt-Themen.
Film-Dokumentationen sind anders als die meisten journalistischen Formate. Man braucht viel Zeit. Bei der Medienwerkstatt bekomme ich einen guten Einblick, wie das alles funktioniert. Im Journalismus-Studium in der Mongolei haben wir nichts über Dokumentarfilm gelernt, deshalb will ich das in meinem Praktikum nachholen. Außerdem ist die deutsche Machart ganz anders. In der Mongolei gibt es meistens nur amerikanische Dokumentationen zu sehen. In Deutschland habe ich das Gefühl, dass man rationaler an Themen rangeht und die Protagonist*innen respektvoller darstellt.
Eine der besten Erfahrungen, die ich hier gemacht habe, ist, dass die Kolleg*innen das Thema unabhängig auswählen und ihnen keiner reinredet. Ich habe gelernt, dass Teamarbeit und gegenseitiges Vertrauen sehr wichtig sind. Die Medienwerkstatt feiert 2020 ihr 40-jähriges Bestehen und ich bin mehr als glücklich, Teil dieses Teams zu sein, wenn auch nur für kurze Zeit.”